OLG-Urteil: Bei fehlender Elternkommunikation kein erweiterter Umgang

OLG wendet BGH-Maßstäbe zum Wechselmodell auch bei Umgang an

Der Oberste Bundesgerichtshof (BGH) hatte Anfang 2017 in einer Grundsatzentscheidung (01.02.2017, XII ZB 601/15) Voraussetzungen für die Anordnung einer hälftigen Betreuung eines Kindes durch beide Elternteile festgelegt. Maßgeblich sei danach die Fähigkeit der Ex-Partner, sich zum Wohle des Kindes konstruktiv auszutauschen. Herrsche zwischen den Eltern lediglich Kommunikation über das organisatorisch Nötigste, reiche dies nicht aus, um das sogenannte Wechselmodell gegen den Willen eines Elternteils anzuordnen. Ein Aufwachsen unter zwei zerstrittenen Parteien, entspräche regelmäßig nicht dem Kindeswohl. Insbesondere, wenn sich die Eltern in nur wenigen Fragen als kompromissbereit erweisen.

Gute Elternkommunikation auch bei Umgang wichtig

Das Oberlandesgericht Koblenz (OLG) entwickelt diesen Leitsatz mit seinem Urteil (13 UF 676/17) von 21.12.2017 konsequent weiter. Denn nicht nur eine hälftige Aufteilung im Sinne eines paritätischen Wechselmodells, sondern auch erweiterter Umgang durch einen Elternteil erfordere vielfältige Absprachen im Bereich des täglichen Lebens der Kinder (z.B. Erziehung, Hausaufgaben, Einkäufe von Sachen für die Kinder). Deshalb wurde der Wunsch des Vaters auf erweiterten Umgang mit seinen Kindern abgelehnt. Der Umgang sollte nach Beschluss des Gerichts jedes Wochenende vierzehntätig erfolgen. Begründet wurde dies mit dem Elternkonflikt. Es sei nicht kindgerecht, Kinder als Boten für die Übermittlungen von Nachrichten zwischen Mutter und Vater verantwortlich zu machen. Gleichzeitig gilt es nach Ansicht des Oberlandesgerichts zu vermeiden, Umgangsregeln unnötig zu verkomplizieren.

Auch betonte das Oberlandesgericht, weder erweiterter Umgang noch eine paritätische Betreuung sei notwendig, um Entfremdung vorzubeugen und dem Liebesbedürfnis des Kindes Rechnung zu tragen. Irrelevant sei ferner, wer an den Elternstreitigkeiten überwiegend verantwortlich ist.

Wechselmodell – erhebliche Gefahr für Kindeswohl

Der Absage an den erweiterten Umgang stand nach Ansicht des Oberlandesgerichts auch nicht entgegen, dass beide Kinder sich dafür ausgesprochen haben, etwa die gleiche Zeit bei Mutter und Vater sein zu wollen. Denn Trennungskinder stehen oft in einem Loyalitätskonflikt. Sie können die mit dem Wechselmodell verbundenen Konsequenzen noch nicht vollständig einschätzen. Das Gericht betrachtete das Wechselmodell jedoch als erhebliche Gefahr für das kindliche Wohlergehen. Es sei ferner auch nicht die Aufgabe der Kinder, für Gerechtigkeit zwischen den Eltern sorgen zu müssen.

 

 

 

photo credit: Olichel Adamovich / ISO republic

5 thoughts on “OLG-Urteil: Bei fehlender Elternkommunikation kein erweiterter Umgang

  1. Ein selten WEISER und kindorientierter d.h. vom Kind her denkender Richterspruch.
    In der Tat sind beim WM und beim erweiterten Umgang in der Alltagspraxis derart viele Kleinigkeiten sehr kurzfristig zu organisieren, Pläne zu verwerfen und zu erneuern, dass dies (wenn man dem Kind nicjt ständig Einschränkungen zumuten möchte) nur bei sehr gutem Eunvetnehmeb zwischen den Expartnern möglich ist.
    Leider kennen viel zu wenige Väter den (Schul-) Alltag mit Kindern aus der eigenen Praxis, um sich diese Strukturen und ihre nötige Flexibilitöt vorstellen zu können.
    Daher sehen Väter häufig nicht diese Prämisse ein und fühlen sich sofort benachteiligt, wenn aufgrund fehlender Kooperation und Kommunikationsfähigkeit das WM abgelehnt wird.

  2. Und wie kommt dieses Wissen zu den Amtsgerichten? Ich wurde letztes Jahr wie viele andere Mütter auch trotz Hochstrittigkeit in einen Vergleich für ein Wechselmodell gedrängt, nachdem mir von allen Seiten (VB, JA, Richterin) mitgeteilt wurde, dass es keinerlei Chance gebe, einem Wechselmodell zu entkommen. Meine Erziehungsfähigkeit wurde nicht angezweifelt.

    Allerdings wurde unsere rudimentäre Kommunikation über das allernötigste Organisatorische als ausreichend bewertet und die Aussage der Kinder, dass ihnen egal sei, ob sie mehr Zeit als sowieso schon (der Umgang war bereits erweitert) mit dem Vater verbringen als Plädoyer für das Wechselmodell gewertet. Nun leben die Kinder in komplett getrennten Lebenssphären und es gibt keine Einigung bei irgendwas.

Dein Kommentar: