Eine beispielhafte Berechnung für den Unterhalt im Wechselmodell
Das Wechselmodell erfährt regelmäßig Kritik – von Kinderschutz- und Alleinerziehenden-Verbänden, von Fachleuten aus Psychologie und Psychiatrie sowie Kinderärzt*innen und Soziolog*innen. Im Zentrum dieser steht, dass ein Wechselmodell, vor allem, wenn es nicht freiwillig gelebt wird, Kindern oft nicht gut tut und das Kindeswohl regelmäßig missachtet wird zugunsten angeblicher Gleichberechtigung zwischen den Elternteilen. Davon abgesehen, dass das Kindeswohl die denkbar ungeeignetste Plattform ist, um Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern herzustellen, möchten wir diesem gerne vorgebrachten Argument einmal nachgehen. Angesichts von Gender Pay Gap, anhaltend ungleicher Vermögensverteilung nach Geschlecht und Gender Pension Gap als wichtige Indikatoren für (fehlende) Gleichberechtigung, lässt sich das im Bereich Finanzen also gut veranschaulichen. Denn – Stichwort Kindeswohl – die sozio-ökonomischen Ressourcen der Eltern haben erwiesenermaßen einen erheblichen Einfluss auf das Wohlbefinden von Kindern – egal, in welcher Wohnkonstellation sie leben.
Auch in puncto Finanzen wird das Wechselmodell regelmäßig kritisiert: Es sei ein Unterhaltssparmodell, wie es nicht nur die Grünen-Abgeordnete Katja Keul bereits im Bundestag nannte. Die Konsequenz daraus ist jedoch das eigentlich Dramatische: asymmetrische Kinderarmut. Die Kinder pendeln zwischen zwei Haushalten, die ökonomisch deutliche Unterschiede aufweisen. Dass Alleinerziehende (rund 90% Frauen) als Bevölkerungsgruppe sowieso schon mit dem höchsten Armutsrisiko überhaupt zurechtkommen müssen, dafür aber oft nur wenig können – geschenkt. Im Wechselmodell verschärft sich dieser Umstand noch. Wie kommt das zustande?
Wechselmodell erhöht Armutsrisiko
Ursachen dafür sind einerseits in den strukturellen Gegebenheiten zu suchen, die Frauen bis heute benachteiligen, andererseits in der individuellen Aufteilung, die von beiden Elternteilen in der gemeinsamen Ehe oder Beziehung beschlossen und gelebt wurde. Bis heute ist das laut Allensbach-Studie 2015 fürs BMFSFJ in 72 Prozent der Fälle das 1,x-Gehälter-Modell: Papa arbeitet Vollzeit, Mama (erweiterte) Teilzeit und kümmert sich um die Carearbeit zu Hause. (Letztere wird bekanntlich nicht entlohnt, auch wenn es ebenso Arbeit ist – aber das ist ein anderes Thema.) In der Folge bedeutet das: Die während der Paarbeziehung etablierten Strukturen lassen sich im Falle einer Trennung nicht mal eben einreißen. Frauen stecken trotz Teilzeitbrückengesetz weiterhin in der Teilzeitfalle fest und können nicht plötzlich auf Vollzeit gehen, wenn der Arbeitgeber nicht mitspielt. Denn das Teilzeitbrückengesetz gilt nur für Unternehmen ab 45 Mitarbeiter*innen und auch da nur für jede*n 15. Mitarbeiter*in, das sind also maximal 60 Prozent der Unternehmen in Deutschland. Mütter in Teilzeit arbeiten aber häufig in kleineren Unternehmen, für die das Gesetz gerade nicht gilt.
Umzug für Job im Wechselmodell unmöglich
Eine Mutter kann versuchen, einen anderen Job zu finden, in dem sie Vollzeit oder im Wechselmodell passend zum Wechselrhythmus der Kinder, mal Vollzeit, mal Teilzeit, arbeiten kann. (Wie viele Arbeitgeber machen solch einen Hickhack mit? Vermutlich kann man diese mit der Lupe suchen.) Also muss ein neuer Vollzeitjob her. Der muss jedoch nicht nur zum eigenen Berufsprofil passen, sondern auch hinsichtlich der Arbeits- und Wegzeiten zur örtlich verfügbaren Kinderbetreuung. Letztere ist bei weitem nicht passend zu einer Vollzeittätigkeit gegeben, sondern bisher immer noch eher ein Großstadtphänomen.
Die Wahrscheinlichkeit, in der direkten Umgebung einen Job zu finden, der allen oben genannten Kriterien entspricht (entsprechen muss), sinkt also rapide, je ländlicher die Umgebung ist. Ein Umzug in eine andere Stadt für einen passenden Vollzeit-Job ist bei gemeinsamem Sorgerecht (GSR) für eine Mutter mit Kindern selten möglich: Das geht nur mit Zustimmung des Vaters, andernfalls macht sie sich strafbar. Im Falle eines Wechselmodells ist ein Umzug erst recht unmöglich, es sei denn, das Modell würde aufgelöst. Auch das bedarf der Zustimmung des Vaters. Die Bereitschaft dazu von Vätern, die das Wechselmodell ggf. sogar gerichtlich erstritten haben, geht also gen Null. Die Folge: Die Mutter sitzt mit den Kindern in der Armutsfalle fest, denn ihre Möglichkeiten, an der eigenen wirtschaftlichen Situation etwas aus eigener Kraft zu ändern, sind sehr gering.
Neben der Pflicht, in Vollzeit zu arbeiten (vgl. BGH XII ZB 565/15 vom 11.01.2017), kommt im Wechselmodell noch hinzu, dass es weder Unterhalt noch einen Rechtsanspruch auf Unterhaltsvorschuss gibt. Ja, in seltenen Fällen mag es so sein, dass auch im Wechselmodell eine Unterhaltspflicht eintritt, nämlich dann, wenn beide Vollzeit(!)einkommen deutlich auseinanderliegen. Diese Fälle sind jedoch seltener, weshalb wir sie hier ignorieren. Was hingegen in den meisten Fällen passiert und warum es dann zu einseitiger Kinderarmut – meist im Haushalt der Mutter – kommt, wollen wir anhand einer schematischen Beispielrechnung einmal zeigen.
Beispielrechnung Wechselmodell und Unterhalt
Die familiäre Situation
Eine typische Familie mit zwei Kindern in Deutschland: Vor der Trennung lebt sie das 1,5-Gehälter-Modell. Der Vater arbeitet Vollzeit, die Mutter halbtags. Sie kümmert sich ab mittags um die Kinder und den Haushalt. Nach der Trennung fällt die Entscheidung für ein Wechselmodell; die Kinder, inzwischen 6 und 4 Jahre alt, pendeln seitdem wöchentlich zwischen beiden Wohnungen. Der Vater arbeitet weiterhin Vollzeit, für die Kinderbetreuung springt in den Wochen des Vaters nun die Schwester väterlicherseits ein. Die Mutter hingegen steckt mit 20 Wochenstunden in der Teilzeitfalle fest: Ihr Arbeitgeber ermöglicht es ihr nicht, ihre Arbeitszeit aufzustocken. Die örtliche Kinderbetreuung in Kita und Grundschule wäre zudem nur bis 14:30 Uhr sichergestellt. Ihre eigene Mutter ist chronisch krank, weshalb sie nicht auf ihre regelmäßige Hilfe zurückgreifen kann. Vollzeit zu arbeiten ist für die Mutter aufgrund externer Faktoren also nicht möglich – und sie kann daran kaum etwas ändern.
Die Unterhaltsberechnung im Wechselmodell
Der Vater verdient in Vollzeit netto 2.200 €, die Mutter in Teilzeit 900 € netto. Letzteres wird aufgrund der 100%-Erwerbsobliegenheit im Wechselmodell (also der Pflicht, Vollzeit zu arbeiten) auf das fiktive Vollzeitgehalt hochgerechnet, macht 1.800 € (wir ignorieren an dieser Stelle mal Steuertarife). Beide Einkommen werden nun zusammengerechnet und ergeben 4.000€ (fiktives) unterhaltsrelevantes Einkommen. Aus dieser Summe leitet sich der Kindesbedarf ab: Für das Kind mit 6 Jahren sind das gemäß Düsseldorfer Tabelle (2019) Stufe 7 also 553 €. Mit dem Geschwisterkind, 4 Jahre, kommen noch einmal 482 € Bedarf hinzu. Macht insg. 1.035 €. Durch das Wechselmodell fallen bei beiden Elternteilen (ET) zusätzliche Miet- und Fahrtkosten an, z.B. 150 € monatlich. Insgesamt beträgt der Kindesbedarf für beide Kinder demnach 1.185 €. Dieser wird halbiert und auf beide ET aufgeteilt: jeder ET muss also 592,50€ monatlich tragen.
Nun wird geschaut, ob jeder ET diesen Betrag aus dem eigenem Einkommen stemmen kann:
VZ-Einkommen Vater: 2.200 €
abzgl. Selbstbehalt Vater: 1.300 €*
übrig für 2 Kinder: 900 €
fiktives VZ-Einkommen Mutter: 1.800 €
2 x Kindergeld: 408 €
abzgl. Selbstbehalt Mutter: 1.300 €
übrig für 2 Kinder: 908€
* Der Selbstbehalt wird im WM bei 1.300 € angesetzt.
Dem verbleibenden Restbetrag pro Haushalt steht der je hälftige Kindesbedarf iHv. 592,50 € gegenüber. Nach Abzug dessen stehen dem Vater also noch 307,50 €, der Mutter fiktive 315,50 € für alles weitere zur Verfügung.
Da dem Vater pro Kind außerdem das halbe Kindergeld zusteht (insg. also 204 €), das an die Mutter ausgezahlt wird, muss sie die Hälfte des Kindergeldes an den Vater ausbezahlen. So reduziert sich das fiktiv verfügbare Budget der Mutter weiter:
verfügbares Budget: 315,50 €
2x halbes Kindergeld: -204€
übrig: 111,50 €
Das klingt auf dem Papier alles halbwegs fair. In der Realität jedoch, mit dem tatsächlich verfügbaren Budget gerechnet, sieht das leider völlig anders aus: Mit ihrem Teilzeit-Einkommen von 900€ netto + 2x Kindergeld stehen der Mutter mit ihren Kindern insg. nur 1.308 € monatlich zur Verfügung, von denen sie theoretisch dem Vater noch je hälftiges Kindergeld, also insg. 204 €, abtreten muss. Da ihr eigenes Einkommen zu niedrig ist, wird ihr diese Pflicht freundlicherweise erlassen. Das aber hilft ihr und den Kindern dennoch nicht, denn zum Leben reicht das verfügbare Budget nicht aus. Sie muss ihre Kinder aus ihrem eigenen Selbstbehalt ernähren bzw. mit Hartz IV aufstocken (Hartz IV und Wechselmodell sind ein ganz spezielles Extra-Kapitel, auf das wir an dieser Stelle nicht weiter eingehen).
Zum Vergleich: Der Vater verfügt über insg. 2.200 € netto pro Monat. Zwischen beiden Haushalten besteht also eine massive finanzielle Schieflage. Und diese wird weder durch Unterhalt noch durch Unterhaltsvorschuss aufgefangen, weil bis heute in einem Wechselmodell kein Rechtsanspruch darauf besteht.
Das Ergebnis: asymmetrische Kinderarmut
Aus dieser asymmetrischen Kinderarmut folgen all die perfiden Konsequenzen, die das Spiel „Bei Papa bekomme ich das aber!“ mit sich bringen kann. Wenn Eltern mit ihren Kindern in einem gerichtlich durchgesetzten Wechselmodell leben, ergo keine vernünftige Kommunikation über solche Erziehungsfragen möglich ist, da das notwendige Wohlwollen und Vertrauen fehlt, wird dieses Modell häufig zum Wettlauf zwischen Eltern um die Gunst ihrer Kinder: Geld schlägt Bindung. Das kann für Eltern, die es ernst meinen mit dem Kindeswohl, nicht gewollt sein. (Und doch passiert es täglich.) Hauptursache für diese Ungerechtigkeit ist die absurde Systematik zur Unterhalts-Berechnung mit fiktiven Zahlen, die darauf angelegt ist, Unterhaltszahlungen zwischen den Haushalten zu vermeiden. Die Armut der Kinder wird billigend in Kauf genommen.
Kindesunterhaltszahlungen waren einmal dazu gedacht, den Kindern eine ansatzweise Kontinuität der Lebensverhältnisse aus der Vortrennungssituation zu ermöglichen. Deshalb basieren Unterhaltsberechnungen bis heute auf dem vorhandenen Einkommen und die Höhe des Kindesunterhalts variiert. Eine solche Sicherstellung ist mit der derzeit gültigen Unterhaltsberechnung im Wechselmodell völlig utopisch.
Gegenprobe: Berechnung mit tatsächlichem Einkommen
Diese einseitige Armut bliebe den Kindern im so genannten Residenzmodell, auch mit erweitertem Umgang, übrigens erspart: denn dann gäbe es eine Unterhaltspflicht des Vaters oder ersatzhalber den Rechtsanspruch auf Unterhaltsvorschuss (UVS). Die Mutter und ihre Kinder hätten mit UVS statt 1.308 € plötzlich 1.456 € zur Verfügung und wären damit aus der allerschlimmsten Armut beinahe raus (der Bedarf nach SGB II läge für den Fall übrigens bei ca. 1.500 €). Die derzeitige Berechnung im Wechselmodell mit fiktiven Einkommen hingegen führt nicht nur zum Unterhaltssparen für Väter (den sie im Wechselmodell u.a. für mehr Wohraum ausgeben), sondern zu verschärfter Armut im Haushalt der Mutter. Das Budget fehlt am Ende den Kindern im Haushalt der Mutter.
Rechnen wir das Beispiel für das Wechselmodell schematisch noch einmal durch, aber dieses Mal mit den tatsächlichen Einkommen anstelle fiktiver Zahlen:
Einkommen Vater + Mutter = 3.100 € Kindesbedarf laut Düsseldorfer Tabelle (2019): Kind (4 J.): 408 € Kind (6 J.): 467 € Bedarf für beide Kinder: 875 € statt 1.035 € zzgl. WM-Mehrkosten: 150 € ./. 2 Bedarf pro Haushalt: 512,50 €
VZ-Einkommen Vater: 2.200 € - Selbstbehalt Vater: 1.300 € - Bedarf für 2 Kinder: 512,50 € übrig: 387,50 € vs. TZ-Einkommen Mutter: 900 € 2 x Kindergeld: 408 € - Selbstbehalt Mutter: 1.300 €* - Bedarf für 2 Kinder: 512,50 € Unterdeckung: -504,50 €
Rechnet man also mit den tatsächlichen statt fiktiven Zahlen, zeigt sich eine deutliche Unterdeckung im Haushalt der Mutter. Da die Mutter den Kindesbedarf nicht aus ihrem eigenen Einkommen bestreiten kann, müsste also nach der geltenden Ausgleichsregelung im Wechselmodell der Vater den Kindesbedarf von 512,50 € als Kindesunterhalt an die Mutter zahlen. Denn dieser Betrag fehlt ja sehr offensichtlich für die Kinder. Da der Vater – bei deutlich besserem Einkommen als die Mutter – wegen des Wechselmodells aber selbst höhere Kosten (größere Wohnung, doppelte Anschaffungen usw.) hat, sagt die Rechtspraxis: Dem können wir das nicht wegnehmen, der muss das finanziell ja auch stemmen. (Hebel: Pflicht der Mutter zu Vollzeit). Soweit nachvollziehbar. Aber dafür leichtfertig in Kauf zu nehmen, dass die Kinder im Haushalt der Mutter in die völlige Armut rutschen? Das ist, mit Verlaub, Diskriminierung. Und diese ist geschlechtsspezifisch, da die Mütter mit verschiedensten strukturellen Benachteiligungen im Kontext Arbeit und Einkommen zu kämpfen haben. Die derzeitige Unterhaltsberechnung im Wechselmodell ist schlicht eines: verlogen. Davon profitieren nur die ökonomisch eh bereits stärkeren Elternteile, also allermeist Väter. Die Mütter und Kinder hingegen zahlen die Zeche mit Armut.
Kinderarmut ist Ergebnis fiktiver Zahlenspiele zugunsten von Vätern
Kinderarmut im Wechselmodell wird also bewusst generiert durch ein Rechenmodell, das mit fiktiven Zahlen jongliert und dadurch die Mütter mit ihren Kindern genau dorthin befördert: in die Armut. Es ist an der Zeit für deutlich mehr Ehrlichkeit, wenn wir über Kinderarmut diskutieren. Mit solcher Zahlen-Mogelei muss Schluss sein. Die oft klaffende Lücke beim Kindesbedarf, die Mütter aus zig strukturellen Gründen nicht selbst füllen können, muss anderweitig geschlossen werden – und zwar nicht durch Hartz IV, denn Kinder haben in Armut nichts verloren. Es ist endlich Zeit für eine solide Kindergrundsicherung vor allem dort, wo sie am dringensten benötigt wird: in Einelternhaushalten.
Das Argument, ein Wechselmodell führe zu Gleichberechtigung zwischen Elternteilen, ist anhand der obigen Ausführungen by the way gründlich widerlegt. Wer so argumentiert, hat entweder ein unzureichendes Verständnis des Gleichberechtigungsbegriffs, der nämlich auf die Herstellung tatsächlicher, nicht nur formaler Gleichberechtigung abzielt, oder will dies bewusst ignorieren.
EDIT: Worauf wir hier nicht eingegangen sind, ist die Situation mit Vätern in der Selbstständigkeit. Hier beobachten wir sehr häufig systematisches sich arm rechnen, was im verrücktesten Fall dazu führt, dass die Mutter, weil ihr fiktives (!) Vollzeiteinkommen über dem des vom Vater angegebenen liegt, verpflichtet ist, ihm Kindesunterhalt zu zahlen – von Geld, das sie überhaupt nicht hat. Dieser Unterhaltsanspruch ist sogar titulierbar, Konsequenz: Die Mutter sitzt in der Armut und häuft zudem jeden Monat Unterhaltsschulden an. Die Chance, aus der Armut jemals herauszukommen, liegt vermutlich im einstelligen Prozentbereich.
Liebe Frauen,
vorangestellt, dass auch ich aus vielerlei Gründen erhebliche bedenken gegen das Wechselmodell hege, kann ich dem von euch präsentierten Berechnungsverfahren nicht folgen, darüber hinaus auch nicht von der geschilderten lebenssachverhaltsvariante.
Zu letzterer frage ich mich, wieso ihr beim KV ein funktionierendes Betreuungssystem durch seine Herkunftsfamilie annehmt, nicht jedoch bei der KM. Da empirisch gesehen die KV idR älter sind als die KM, dürfte gleiches auch für die jeweiligen Großeltern gelten, womit idR auch eine größere Fähigkeit zur Erbringung von Betreuungsleistungen verbunden sein dürfte.
vor allem ist jedoch euer Ansatz unzutreffend, dass der jeweilige Selbstbehalt nicht nur vom Nettoeinkommen, sondern bei dem kindergeldberechtigten Elternteil von der Summe aus Nettoeinkommen und Kindergeld abzusetzen sei. Dies führt selbstredend zu völlig falschen Resultaten. Ansonsten würde ich zur Lektüre BGH v. 11.1.17 – XII ZB 565/15 empfehlen.
mit feministischen und solidarischen Grüßen, Lena, Richterin am Sozialgericht berlin
Stimmt, Du hast recht, danke für den Hinweis. Wir haben das korrigiert. Das Armuts-Ergebnis wird dadurch aber um keinen Deut besser. Betreuung: Ob nun Oma, Schwester, neue Partnerin oder Nanny: Väter outsourcen allermeist die Kinderbeutreuung an andere – wiederum Frauen (Carekette und so) -, um ihrem bereits bestehenden Vollzeitjob weiterhin nachgehen zu können (die Kinder haben also nicht wirklich etwas von ihrem Vater). Und allermeist steht ihnen für das Outsourcen auch deutlich mehr Budget zur Verfügung, wie die Beispielrechnung sehr anschaulich belegt. Diese strukturelle Schieflage wird bisher nicht ausgeglichen, sondern den sowieso bereits vielfach diskriminierten Müttern aufgebürdet. Damit verlängert das bisher gültige Berechnungsschema nicht nur die geschlechtsspezifische Diskriminierung, sondern verstärkt sie zusätzlich.
Besonders krass finde ich, dass es für das WM keine Steuererleichterungen gibt. Ich habe fünf (!) Jahre eine neue Wohnung nach Trennung gesucht in Berlin in Papanähe: 1600 EUR Miete, darunter war nicht zu machen. Kein Unterhalt, da nicht verheiratet, 90 % der Carearbeit. Es wäre schön, wenn man verrückt hohe Mieten absetzen könnte. Wer kann das von Müttergehalt zahlen? Und genau: Wegzug kommt aus oben genannten Gründen nicht in Frage. Willkommen, Altersarmut!