Frauentag

Es ist also wieder soweit

Die deutsche Sozialistin Clara Zetkin (1857–1933) schlug auf der Zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz am 27. August 1910 in Kopenhagen die Einführung eines internationalen Frauentages vor, ohne jedoch ein bestimmtes Datum zu bevorzugen. Die Idee dazu kam aus den USA.

So beschlossen an diesem 27. August 1910 einhundert Delegierte aus 17 Ländern auf der zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz die Einführung eines jährlichen Internationalen Frauentags. Ziel und Hauptforderung war das Frauenwahlrecht. Damit war der Internationale Frauentag offiziell ins Leben gerufen.

Schlappe 111 Jahre – eine kurze Zeit und noch so viel zu tun!

In Berlin ist er sogar seit Kurzem ein Feiertag. Doch wenn ich ehrlich bin: ich werde mit dem Frauentag nicht warm. Mir geht es damit ähnlich wie mit dem Muttertag.

Die Diskriminierung ist dieselbe, der Gender Care Gap genauso und die Gender Bias, seltsame motherblamende Mythen und viele weitere Dinge wie Catcalling machen uns Frauen an jedem Tag das Leben schwer. Auch an einem Feiertag.

Und? Fühlt Ihr Euch durch den Frauentag weniger diskriminiert?

Ich habe das Gefühl, als sei es eine Art Trostpflaster zur Beruhigung. Nach dem Motto: „Ja ja, wir sehen Euch schon. Gebt endlich Ruhe.“

Es ist ein weiterer normaler Tag, mit dem normalen Alltag als Frau und Mutter. Vielleicht bei einigen mit Blumen. In Berlin als „freier“ Tag, an dem frau sich dennoch der stetig anfallenden Carearbeit widmen darf. Viele von unseren MIAs werden auch am Frauentag an Zuarbeiten für ihre Rechtsanwält*innen sitzen, Gedächtnisprotokolle schreiben, Gerichttermine oder Hilfeplankonferenzen vorbereiten etc. Neben ihrem normalen Alltag. Business „as usual“.

Gab es den Frauentag eigentlich immer seit 1910?

Der Frauentag ist seit seiner Einführung immer wieder mal „ausgefallen“, wenn er politisch nicht passte. Dieser Artikel von Kerstin Wollf im Bundesfrauenarchiv verstärkt mein „Trostpflaster“-Gefühl nur.

Der Frauentag hatte, als er eingeführt wurde, eine gute Intention, ein sinnvolles Ziel, wurde im Lauf der 111 Jahre jedoch immer mehr als politisches Instrument und Gradmesser benutzt.

Angesichts des massiven Backlashs, den wir seit knapp 10 Jahren in der Gesellschaft – im Familienrecht seit sogar gut 20 Jahren – erleben, wird das „Geschmäckle“ immer stärker.

Getrennten Müttern, die nicht dem Bild der bürgerlichen Kleinfamilie aus der Margarinewerbung entsprechen, weil sie nicht (mehr) mit dem Vater des/r Kindes/r zusammenleben, bläst der patriarchale Wind immer schärfer ins Gesicht. Und der kommt inzwischen aus verschiedenen Richtungen. Die Corona-Pandemie hat einige Facetten offensichtlich gemacht, aber das volle Bild ist nach wie vor kaum in der öffentlichen Wahrnehmung angekommen.

Die Sache mit der Lücke

Wenn am Ende des Geldes noch Monat übrig ist

Lücken und Löcher kennen alleinerziehende Mütter besser als ihnen lieb ist – erst recht, wenn es um das Einkommen geht. Finanzlöcher stehen bei dem überwiegenden Teil alleinerziehender Mütter seit Jahrzehnten im Kassenbuch. Der Gender Pay Gap ist immer noch da.

Corona hat die Erwerbsarbeit für Mütter noch problematischer gemacht, wenn die Betreuung der Kinder inkl. Homeschooling plötzlich ihnen wieder zugeschoben wird, bedauernde Blicke und Nebensätze von Politiker*innen inklusive.

Die ohnehin geringe Bereitschaft vieler Arbeitgeber*innen, Mütter einzustellen, sinkt rapide: Denn in Pandemie- Zeiten werden sie zum Geschäftsrisiko. Und das trifft – einmal mehr – vor allem Alleinerziehende hart: Denn in ihren Haushalten ist kein 2. Einkommen vorhanden. Was in Paarfamilien seit Corona – nicht nur finanzieller – Ausnahemzustand ist, ist für Alleinerziehende daily business: Finanziell knirscht es beim größten Teil alleinerziehender Mütter bereits unter ‚Normal’bedingungen. Fällt dann das Einkommen weg, stürzt das tönerne Fundament sofort in sich zusammen. Das potenziert sich über die ganzen Lebenszeit. Geringes Einkommen, heißt automatisch geringe Rente. Private Rentenvorsorge hat kaum eine Alleinerziehende. Dafür reicht das Geld nicht aus. Die steuerlichen Erleichterungen für die einen, verschärft die Lage der Alleinerziehenden noch weiter.

Taking Care…

..for everyone and everything but myself

Die nächste Lücke: Who cares? Der Gender Care Gap beträgt bei Frauen im Lebensalter von 34 – nämlich dann, wenn eben kleine Kinder vorhanden sind – bei über 100 Prozent, twitterte Jutta Allmendinger jüngst. Die Tage haben aber nicht mehr Stunden und was noch wichtiger ist – mehr Kraft, physisch wie mental, hat keine. Die unbezahlte Carearbeit ist eine essentielle Säule der Gesellschaft. Und doch wird sie kaum wahrgenommen. 100% im Job, 100% zuhause Carearbeit leisten, führt zur völligen Überlastung. Der mental load war schon vor Corona viel zu hoch, nun lastet noch mehr auf den Schultern. Die Schäden, die die Pandemiezeit hinterlassen wird, sind nicht abzusehen. Einen Ausgleich wird es wohl eher nicht geben.

Wir sind müde

Was würde Clara Zetkin wohl heute sagen?

Lassen wir uns nicht schrecken durch die Ungunst äußerer Umstände, haben wir für alle Schwierigkeiten nur eine Antwort: Jetzt erst recht!

Clara Zetkin

Laut werden!

Die Istanbulkonvention muss endlich umgesetzt werden, um Frauen und Kinder vor Gewalt zu schützen

Carearbeit ist Arbeit – und muss endlich bezahlt werden

Die radikale Forderung – Frauen sind Menschen – muss endlich vorne stehen

#Frauentag #Mia #Frauen #Mutter

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